Wann hatten sie zuletzt ihren perfekten Moment? Einen Moment, in dem die Umgebung harmonisch war.
Sie selbst mit sich im Reinen.
Nichts tat weh.
Das Wetter war optimal.
Nicht zu heiß, nicht zu kalt.
Das Meer rollte kleine Wellen auf den Kiesstrand. Das ergab ein feines, leichtes und doch tiefes Geräusch, das in der Magengrube angenehm wieder hallte. Er hatte dort Platz genommen. Einfach auf dem Kies. Dicke Kiesel, die nicht piksten. Einfach runde Kiesel, die sich um seinen Hintern formten ohne zu drücken. Es war November und wieder einmal für die Jahreszeit zu warm. Abseits der Saison waren alle kleinen Buden am Strand hinter ihm zu. Ein Teil von ihnen schon abgebaut für die Wintersaison. Niemand war weit und breit.
Es war Vormittag.
Die meisten Leuten arbeiteten, die Kinder in der Schule.
Niemand war am Strand.
Außer ihm und ein paar Möwen die weit oben kreisten und kein nerviges Geschrei von sich gaben.
Langsam gärte der Entschluss in ihm, diesen Moment der Perfektion einzufangen und zu konservieren für alle Ewigkeit. Er konzentrierte sich auf die KI und sendete einen scharfen Gedanken an sie: „Zippi!“. Nichts geschah. Die Möwen kreisten weiter. Der perfekte Moment war nicht gebrochen. Schärfer diesmal:“ Zippi!“. Dann die erwartete Antwort in seinem Kopf. Ein leichtes Geräusch wie von einer tibetanischen Klangschale kündigte die Bereitschaft der KI an. „Tonaufnahme Strandgeräusch!“ Dachte er, so klar, wie es ihm möglich war. „Möchten sie, dass ich
„Tonaufnahme Strandgeräusch!“ Dachte er erneut, hatte aber die Ansprache „Zippi!“ Vergessen. Der perfekte Moment bekam größere Risse. Seine Hand suchte den versteckten Druckknopf hinter dem Ohr und er versuchte die Sprachsteuerung. „Zippi! Tonaufnahme Strand!“ Der Gong kam. „Tonausgabe Sand läuft!“. In seinem Kopf erklangen die Jasskompositionen einer englischen Band. Zu laut. „ZIPPI! AUS!“ Schrie er. Selbstverständlich kam jetzt eine Klasse mit Kindern vorbei.
Der perfekte Moment zersprang. Verlegen stand er auf und verließ den Strand. Das Meer rollte weiter über die Kiesel. Ab und zu kreischte eine Möwe.
Seine Gedanken liefen im Kreise – wie kleine, gefangene Mäuse, die nicht über den Rand des Milch-Potts klettern konnten, immer wieder abrutschend glitten seine Gedanken im Kreis und wieder und immer wieder im Kreis. Vergeblich versuchte er, einen der vielen Gedanken festzuhalten, und seine mächtigen Hände zerrieben irgendetwas garantiert Ekliges – aber Eingebildetes zwischen den Fingern. Schon-im-Feld war als normaler Junge geboren worden von der Wessen-Hessi aus dem Unterdorf. Die starb gleich bei seiner Geburt und so kam er in den Drachen-Haushalt – wie ein Dutzend anderer.
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